Aller Anfang ist schwer
Im April 2021 wurde unser Leben auf den Kopf gestellt. Unser kleiner Paul ist auf die Welt gekommen und von einem auf den anderen Tag war alles anders. Ich muss gestehen, dass ich zunächst sehr naiv war. Meine Frau dagegen, ein Planungstalent, verbrachte schon während der Schwangerschaft sehr viel Zeit mit Recherche. Und so kam sie eines Tages auf mich zu und fragte mich was ich davon halten würden mit Stoff zu wickeln. Ich kann mich noch an meine Antwort erinnern: “Ähä“
Ich hab ihr einen Vogel gezeigt. Für mich bedeutete das hässliche Windeln, viel Arbeit und auch die Tatsache, dass die Ausscheidungen meines Sohnes in Kontakt mit unserer Waschmaschine kommen sollten (eventuell war auch eine meiner Bedingungen die Windeln in unserer alten Waschmaschine und nicht in der Neuen zu waschen) waren nicht unbedingt Argumente die mich umstimmen sollten. Wir können hier also festhalten, meine Frau hatte keinen Fan mit Ihrem Vorhaben gewonnen.
Was hat mich dazu gebracht mit Stoffwindeln zu wickeln?
Nun war es soweit, „PowerPaule“ war auf die Welt gekommen und wir durften ihm am dritten Tag seines noch so jungen Lebens mit Nachhause nehmen. Da ich meiner Frau keinen Wunsch abschlagen kann/darf, hatten wir uns auf Stoffwindeln „geeinigt“. Jedoch hatten wir vor, die ersten Wochen mit Wegwerfwindeln zu arbeiten bis wir eine gewisse Routine entwickelt haben. Zunächst war bei mir die Angst ihn „kaputt“ zu machen einfach immer präsent. Doch an Tag zwei kam dann das erste Problem auf. Unsere Tonne war voll – nach zwei Tagen! Nachdem wir die Müllproblematik auf meine Schwiegermutter haben outsourcen können, ging die Windelparade weiter. Allerdings mit einem sehr negativen Beigeschmack. Ich selbst arbeite als Business Development Manager und eines meiner Kernthemen ist Umwelt und Nachhaltigkeit. Ich beschuldige große Firmen des Greenwashings und selbst verursache ich im übertragenen Sinne solche enormen Mengen an nicht recyclebarem Müll.
An Tag drei dann der erste Windelpilz, Besuch beim Arzt und eine medikamentöse Behandlung wurde angeordnet. Die Kinderärztin war aber auch sofort pro Stoffwindeln und wir konnten die Situation glücklicherweise mit Heilwolle (Must have!) und Muttermilch in den Griff bekommen. Dennoch war bei uns beiden der Groschen gefallen und das Abenteuer Stoffwindeln sollte beginnen.
Die ersten Schritte
Dann war es Zeit für die erste Stoffwindel von Papa. Ich entschuldige mich immer noch bei meinem Sohn für diese Monstrosität. Gleichzeitig muss ich zugeben, dass ich mit der Falttechnik überfordert war und auch mit den Überhosensystemen stand ich anfangs auf Kriegsfuß. Aber nach einer Woche konnte mein Sohn sich mit der von Papa verbrochenen Windel vor die Türe trauen und auch Mama musste sich nicht mehr allzu sehr schämen. Während ich mich an den Leitsatz hielt „Never change a running system“ kam meine Frau permanent mit neuen Falttechniken, Windelsystemen und Wollschlupfhosen um die Ecke. Ich habe irgendwann den Überblick verloren, weil es sicherlich kein System gibt, das wir nicht in der Windelschublade haben.
Was bedeutet es mit Stoffwindeln zu wickeln?
Es bedeutet, dass man bei einer Reise einen gesonderten Koffer nur für Windeln benötigt (Anmerkung von Mama: es war ein Handgepäckskoffer 😉 ). Es bedeutet, dass die Kleidergröße des Kindes oftmals eine Nummer größer gewählt werden muss. Jetzt mit 15 Monaten haben sich die Proportionen aber soweit angepasst, dass der Windelpopo nicht mehr ganz so groß erscheint wie anfangs.
Es bedeutet aber auch, dass man etwas für die Zukunft seines Kindes tut.
Die positiven Aspekte überwiegen einfach an jedem Ende. Und wenn man sich selbst gegenüber ehrlich ist, so rechtfertigt lediglich die eigene Faulheit das Wickeln mit Einmalwindeln. Jedoch hält sich der Mehraufwand erstaunlich in Grenzen und viele fadenscheinige Argumente können durch eine fundierte Beratung problemlos ausgehebelt werden. Ich gebe zu, ein solcher Ausspruch lässt sich leicht tätigen, wenn man das Wissen direkt von der Quelle beziehen kann 😁
Was habe ich bisher gelernt?
Es gibt tausend verschiedene Falttechniken, dazu kommen verschiedenste Überhosensysteme.
Die Mehrarbeit und der Kontakt zu den Ausscheidungen der Kinder (hier möchte ich anmerken, dass dieser Kontakt in meiner Vorstellung wirklich widerlich war, ich heute aber sagen kann, dass es mich inzwischen absolut kalt lässt und dieser Fakt hat nichts mit Stoffwindeln zu tun) hält sich dank der Wetbags in Grenzen.
Des Weiteren habe ich gelernt, dass es ein sogenanntes Nässefeedback gibt und die dafür verantwortlichen Rezeptoren im Kopf eines Kindes auf Grund von in Wegwerfwindeln benutzten Superabsorbern verkümmern. (Paul ist 15 Monate alt und zeigt uns inzwischen an wenn er auf sein Töpfchen möchte. Sowohl das große als auch das kleine Geschäft landen zu 50% bereits jetzt im Klo und nicht in der Windel)
Jungs und Mädels – Wegwerfwindeln stinken, ihr könnt es euch nicht vorstellen. Es gibt immer mal wieder Zeiten, so zum Beispiel der letzte Tag im Urlaub nachdem die mitgebrachten Windeln schon gewaschen sind und wir keine Lust haben mit den vollen Windeln im Auto zu sitzen, in denen wir auf Wegwerfwindeln zurückgreifen. Und diese Tage haben mich gelehrt wie penetrant und ekelig diese Dinger riechen!
Und last but not least – Die wunden Stellen! In Situationen, wenn viele Kinder im gleichen Alter beisammen sind und nackig am Pool spielen ist es mir auf Hinweis meiner Frau aufgefallen! Alle Kinder und damit meine ich wirklich alle Kinder waren feuerrot. Ausgenommen unser Paul.
Ich will ehrlich sein, ich könnte die Liste noch sehr lange weiterführen doch das würde den Rahmen sprengen.
Was würde ich meinen besten Freunden empfehlen?
Hierzu würde ich unsere eigene Vorgehensweise weiter geben. Wie gesagt, zunächst ändert sich auf einen Schlag dein gesamter Alltag. Das Wickeln ist ein großer Bestandteil in der Zeit, in der das Kind voll gestillt wird. Jeder soll für sich selbst entscheiden inwiefern er den entstehenden Müll akzeptiert. An dieser Stelle möchte ich auch nicht mir erhobenem Zeigefinger stehen, sondern dafür sensibilisieren, dass es eine Alternative gibt, deren Initialkosten zwar hoch erscheinen mag, man über den gesamten Zeitraum jedoch ein Vielfaches an Geld spart. Soviel zum monetären Aspekt. Dazu kommt die Nachhaltigkeit, die Verträglichkeit am Kinderpopo und ich würde soweit gehen zu sagen, dass diese Teile durchaus einen modischen Aspekt mit sich bringen.
Ein Resümee
Am Ende kann ich nur sagen, jeder muss diese Entscheidung für sich treffen. Mir ist klar dass die hohen Kosten zunächst abschreckend wirken, dennoch spart man sich am Ende fast 3/4 des Geldes. Und dann können gebrauchte Stoffwindeln auch noch verkauft werden. Der Markt ist groß und die Preise sind nahe der Neupreise. Ich konnte es auch nicht glauben, aber es ist die Wahrheit.
Ich selbst war einer der größten Skeptiker und habe mich heute aus eigener Überzeugung angeboten, meine Erfahrungen aufzuschreiben und bei Gott ich bin kein sonderlich guter Schreiber.
Viele Vorurteile halten sich auf Grund mangelnder Informationen und genau diese versucht Nathalie aus der Welt zu schaffen. Für uns ist es die perfekte Lösung und auch Paul hat sich bis dato nicht beschwert. Und glaubt mir, beschweren kann er sich!